"Handschriftlich #2" von Hansjörg Hoffmann, Quelle: www.piqs.de

Die Verantwortung für die Schulentwicklung annehmen

Es hat sich kein einziges Gymnasium für den Versuch einer sogenannten Gemeinschaftschule beworben. Es sind alles Realschulen mit einem Werkrealschulzug, die sich hierfür bereit erklärt haben. Wir haben damit in unserer sehr gemischten Bildungslandschaft einen neuen bunten Vogel dazubekommen – und das ist vermutlich gar nicht tragisch. Jetzt muss sich noch zeigen, welches pädagogische Konzept sich hier durchsetzen wird:

Der gemeinschaftsorientierte Ansatz, der das sogenannte längere gemeinsame Lernen in den Mittelpunkt rückt, der Stärkere hilft dem Schwächeren, die Erziehung zur Gemeinschaft spielt hier eine große Rolle. So sympathisch dieser Ansatz auch klingen mag, er ist eine Fehlentwicklung, denn er bremst die Begabten und die Bedürftigen werden trotzdem nicht ausreichend gefördert.

Der andere Ansatz hingegen rückt verstärkt den oder die Einzelne in den Mittelpunkt, primäres Ziel ist der Erwerb einer individuellen Lernkompetenz. Nicht die Erziehung für sondern durch die Gemeinschaft ist hier das Konzept. Es wird kaum einen geben können, der ein solches Ziel nicht verwirklicht sehen möchte – viele nicht zuletzt auch aus der Reflexion der eigenen Lernbiographie.

Pädagogische und infrastrukturelle Tragweite

Es sollten hier aber zwei Dinge nicht außer Acht gelassen werden. Die pädagogische und die infrastrukturelle Komponente der Diskussion.

Zum einen stellt dieser Weg sehr hohe Ansprüche an die Identität und die Kompetenz der Lehrerinnen und Lehrer. Darüber hinaus ist es auch eine Frage der Qualität, sondern auch der Quantität an Lehrern, um ein verstärktes individuelles Lernen zu ermöglichen. Pädagogische und räumliche Konzeptionen von Schulen sind untrennbar miteinander verbunden. Wer Erziehung und Bildung ändern will, muss bereit sein auch die räumlichen Strukturen zu ändern. Und die Erfahrung zeigt, dass es hier mit Verhübschung oder besserer Ausstattung allein nicht getan ist.

Wenn wir das Ziel des individualisierten Lernens ernst nehmen – und es lohnt sich, dieses Ziel ernst zu nehmen – dann müssen wir dem Einzelnen auch Raum geben. Richtige Raumstrukturen ermöglichen individualisiertes Lernen – falsche Raumstrukturen behindern dagegen dieses Ziel.

Das alles kostet Geld. Schon 2009 flossen über 40% des Landeshaushalts in den Bildungsbereich - wohlgemerkt ohne die kommunalen Anteile! Letztendlich werden also die wirtschaftliche Gesamtentwicklung und die Ergebnisse der Versuchsschulen zeigen, was möglich ist, und was nicht.