Zielrede aus der Gemeinderatssitzung vom 14. September 2021

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Hacker,
sehr geehrte Damen und Herren,

was war ihr persönliches Highlight der letzten zwölf Monate Gremienarbeit?

Vielleicht ist ihr Favorit an bestimmten Orten in Neuhausen sichtbar, wie der Beschluss zum Bau der Interims-KiTa im Alfred-Delp-Weg, zur Eröffnung der Freibadsaison 2021 oder der Entscheidung zu den neuen Urnenstehlen auf dem Friedhof.

Es könnte natürlich auch sein, dass Sie eher ein Faible für Verwaltungsrecht haben und die Verabschiedung der neuen Haushaltssatzung sowie Geschäftsordnung als Höhepunkt des letzten Jahres betrachten.

Vielleicht ist ihr Highlight auch eher symbolischer Natur, beispielsweise als man wieder ohne Maske (zumindest als Mitglied des Gremiums) an den Sitzungen teilnehmen konnte.

Jede und jeder wird seine eigenen Beweggründe haben und so viel kann ich Ihnen verraten, aus meiner Sicht, waren die letzten zwölf Monate alles andere als vergnügungssteuerpflichtig. Man weiß gar nicht was desolater ist, die Außenwahrnehmung der Neuhäuser Kommunalpolitik oder unsere Haushaltslage.
Umso dankbarer darf man sein, dass wir bisher durch die Corona-Pandemie mit einem blauen Auge gekommen sind. Hierzu haben neben unserer Verwaltung auch unsere Vereine und Kirchengemeinden beigetragen, die ihr sportliches, kulturelles und religiöses Angebot in vielfältiger und kreativer Weise auf die Bedingungen der Pandemie ausgerichtet haben. Open-Air-Konzerte, Online-Prunksitzungen von Narrenbund und Männergesangsverein, Ausstellungen des Kunstvereins und viele mehr haben für einzigartige Höhepunkte gesorgt - herzlichen Dank dafür! Dieses Angebot bereichert unseren Ort und macht ihn wirklich einzigartig. Wir arbeiten daran, diese Vielfalt trotz unserer finanziellen Situation weiterhin zu unterstützen.

Also lassen Sie uns nach vorn auf das anstehende Haushaltsjahr blicken. Denn trotz der wirklich schlechten Haushaltslage und der geplanten Neuverschuldung in historischen Ausmaß, lässt die wirtschaftliche Entwicklung hoffen. Vielleicht kommen wir auch in diesem Fall mit einem blauen Auge davon. Dennoch haben wir bei unseren Anträge in diesem Jahr besonders darauf geachtet, keine zusätzlichen finanziellen Belastungen für 2022 zu erzeugen und gleichzeitig die langfristige Entwicklungen von Neuhausen sicherzustellen.
Eher mit zwei blauen Augen stehen übrigens junge Familien da. Diese tragen inzwischen die Hauptlast der Pandemie, sei es mit Schulkindern im Home Schooling oder Sorgen um den Arbeitsplatz. Inzwischen ist in Neuhausen obendrein auch noch die Lage bei der Kinderbetreuung besonders angespannt - vor allem bei den Kindergartenplätzen. Die Interims-KiTa ist noch nicht in Betrieb und weiterer Bedarf ist absehbar. Deshalb müssen wir unser Augenmerk auf den Ausbau des Angebots zur Kinderbetreuung legen und gleichzeitig unsere hohe Qualität beibehalten.

1. Ziel: Verbesserung des Angebots der Kinderbetreuung
• Zügige Realisierung des Kinderhauses in der Dietrich-Bonhoeffer-Straße
• Bekenntnis zur Fortführung qualitativ hochwertigen Kinderbetreuung

An unseren Schulen ist zumindest Abhilfe durch den Neubau der Anton-Walter-Grundschule in Sicht. Immerhin sind unsere Schulen endlich mit Tablets, Laptops und Whiteboards im digitale Zeitalter angekommen. Auch dank der konzeptionellen Überlegungen der Lehrerkollegien und der IT-Unterstützung durch unsere Verwaltung. Insgesamt haben wir als Kommune aber im Bereich Digitalisierung viel aufzuholen. Bei vielen Dingen sind wir abhängig von Anderen - aber nicht bei allen. Lasst uns selbst in die Hand nehmen, was möglich ist.

2. Ziel: Digitalisierung
• Wir unterstützen weiterhin die Idee der Einführung des "Digitalen Marktplatzes" und sind gespannt, was die laufende Bedarfsanalyse mit den Vereinen ergibt.
• Aufwertung der Webseite als erster Anlaufpunkt zur Kontaktaufnahme und Hilfestellung
• Einstellen unserer Formulare auf dem Serviceportal BW (Service-BW)
• Datenbereitstellung auf dem Geoportal-BW, beispielsweise digitale Flächennutzungspläne

Die Flächennutzung wurde übrigens im letzten Jahr auch oft im Gremium thematisiert. Beispielsweise haben wir lange nach geeigneten Flächen für die THW Bundesschule gesucht. Nur fündig geworden sind wir bisher leider nicht. Das heißt aber nicht, dass wir kein Entwicklungspotenzial mehr haben, das wir selbst nutzen sollten. Wir haben jedenfalls zwei ganz konkrete Vorschläge:

3. Ziel: Schaffung neuer Gewerbeflächen am Hungerberg
Der Bedarf nach neuen Gewerbeflächen ist hoch und viele Betriebe sind tief in Neuhausen verwurzelt. Beispielsweise fand erst im Sommer der Spatenstich für den Balluff Campus statt. Vielen Dank allen Verantwortlichen für dieses Bekenntnis zu Neuhausen. Wir sollten auch weiteren lokalen Betrieben mit neuen Gewerbeflächen Perspektiven für ein Wachstum in Neuhausen bieten. Davon profitieren dann auch unsere Gewerbesteuereinnahmen.

4. Ziel: Erweiterung des Ostertagshofs auf dem Gelände der Koppenmühle
• Suche nach Investoren
• Sicherstellung der Partizipation der Gemeinde am Wertzuwachs
Der Ostertagshof ist ein Erfolgskonzept. Es ist an der Zeit, diesem Projekt weiteren Raum für Wachstum zu geben. Da die Verwaltungsressourcen auf absehbare Zeit in anderen Bauprojekten gebunden sind, sollten wir dieses Projekt mit einem Partner angehen.

Bei den gemeindeeigenen Gebäuden und Liegenschaften obliegt uns hingegen eine weitreichendere Verantwortung: die Instandhaltung. Im Zuge der Instandhaltung sollten wir gezielt klimaschützende Maßnahmen vornehmen. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, wir haben hier durchaus schon etwas vorzuweisen, wie die jüngsten Beispiele von der Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach des Kinderhauses und die anstehende Dachsanierung der Egelseehalle zeigen. Das angestrebte strategische Gebäudemanagement wird uns hoffentlich helfen klare Transparenz über unseren Bestand und mögliche klimaschützende Maßnahmen zu schaffen. Wir möchten diesem Ziel noch etwas Nachdruck verleihen:

5. Ziel: Strategisches Gebäudemanagement
• Neben der beabsichtigten Erfassung der Verbrauchsdaten sollen auch mögliche Maßnahmen unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten erfasst werden. Auf diese Weise wird eine Priorisierung anstehender Sanierungen möglich.
• Darüber hinaus ist zu prüfen, inwiefern unsere anstehenden energetische Gebäudesanierung förderfähig sind (KfW Förderungen).
• Konsequent weitergedacht sollten wir in diesem Zusammenhang auch prüfen, inwiefern wir diesen Ansatz im Kontext eines ganzheitlichen Umweltmanagements (EMAS-Zertifizierung) nutzen können.

Das Thema der Gebäudeinstandhaltung ist übrigens ähnlich undankbar wie die Instandhaltung der Straßen. Und doch sollten wir uns dort ein Beispiel nehmen. Denn auch wenn es an vielen Stellen nicht so aussieht, dank der transparenten Priorisierung bei der Straßensanierungen sind wir in der richtigen Richtung unterwegs - wenn auch der Weg lang ist.

Apropos langer Weg: Vielleicht haben Sie bei meiner Eingangsfrage nach ihrem Highlight des letzten Jahres auch an die S-Bahn gedacht. Immerhin haben wir die Gestaltung der Unterführung beschlossen.

Tatsächlich wird der S-Bahnhof und die Umgebung, wird für viele den ersten Eindruck von Neuhausen darstellen - für Jahrzehnte. Wir sollten uns also Mühe geben. Beim Bahnhofsplatz hat der Gemeinderat zu entscheiden. Zu den Wegeverbindungen zwischen Bahnhof und Ortskern muss mit verschiedenen Eigentümer kooperiert werden. Um Anreize durch Fördermittel für die Eigentümer zu schaffen, schlagen wir vor, ein Sanierungsgebiet zu beantragen. Städteplanerisch wurden hierzu übrigens bereits vor über 20 Jahren Konzepte entwickelt. Einigen im Gremium sollte der "Grüne Ring", der die Wilhelmstraße, Schlossstraße, Markstraße und Bahnhofstraße umfasst, gut in Erinnerung sein.

6. Ziel: Anbindung S-Bahn an den Ortskern
• Städtebaulicher Vorschlag und zum Zuschnitt eines oder mehrerer Sanierungsgebiete in Orientierung am Städtebaukonzept "Grüner Ring"

Südlich des S-Bahnhofs sehen die Skizzen ein Ärztehaus für die gesundheitliche Nahversorgung vor. Unabhängig von den aktuellen Eigentumsverhältnissen und dem Verhandlungsstand mit der SSB ist es aus unserer Sicht wichtig, sicherzustellen, dass wir das Heft des Handelns in der Hand behalten. Aufgrund unserer begrenzten Ressourcen, sind wir auch hier auf starke Partner angewiesen - die gilt es nun zu finden.

7. Ziel: Ansiedlung von Ärzten und Gewerbe am Bahnhof
• Konkretisierung unserer kommunalen Anforderungen für die südliche Bebauung am Bahnhof
• Aktive Suche nach Investoren, um in Abstimmung mit der SSB die südliche Bebauung am Bahnhof zu entwickeln

Die körperliche Unversehrtheit ist auch in Neuhausen durch Katastrophen bedroht. Und diese können ziemlich vielfältig sein. Sei es die Corona-Pandemie, Hochwasser, Waldbrände oder Stromausfälle. Manches davon ist unvorhersehbar, anderes zumindest antizipierbar. Wir wissen, dass wir hier bisher nicht untätig waren. Insbesondere beim Starkregenmanagement sind bereits Maßnahmen in der Umsetzung, die hoffentlich auf absehbare Zeit Linderung versprechen. Der Katastrophenschutz insgesamt muss aus unserer Sicht ganzheitlich betrachtet werden, um widerstandsfähige und flexible Strukturen für den Ernstfall zu schaffen. Wir finden, das Gremium sollte diese wichtige Aufgabe dauerhaft begleiten.

8. Ziel: Adäquater Katastrophenschutz
• Bericht zu Erfahrungen zum Katastrophenschutz in der Gemeinde (Corona, Hochwasser u. a.)
• Überlegungen zur Vorbeugung künftiger Katastrophen
• Regelmäßige Vorstellung der vorbeugenden Maßnahmen im Gremium (bspw. alle 2 Jahre)

Bei der Bewältigung kleinerer und größerer Katastrophen sind wir auf unsere ehrenamtlichen Rettungskräfte angewiesen, deren Leidenschaft und Engagement wir alle sehr zu schätzen wissen. Diese sind auf eine funktionierende Infrastruktur angewiesen, für die die Gemeinde zuständig ist. Leider ist unser Rettungszentrum inzwischen in ähnlich desolatem Zustand wie unsere aktuelle finanzielle Lage. Aus unserer Sicht, ist es an der Zeit in den Prozess zur Planung eines neuen Rettungszentrums einzusteigen und mögliche Alternativen zu prüfen.

9. Ziel: Modernes Rettungszentrum
• Einstieg in die Bedarfserhebung mit unseren Rettungskräften
• Suche geeigneter Standorte für ein neues Rettungszentrum

Ein wesentlicher Faktor, für ein gesundes und stressfreies Leben in Neuhausen, stellt der Fluglärm dar. Hier zeichnet sich gerade ab, dass eine der geplanten Südrouten deutlich näher an Neuhausen vorbeiführt, als bisher. Man könnte sagen, die Flugzeuge fliegen dann fast in Ballweite des Tennisplatzes. Wir können uns alle vorstellen, was das bedeutet, der Fluglärm wird zunehmen und unsere Lebensqualität wird leiden - nicht nur beim Tennis spielen. Für uns ist es selbstverständlich, dass wir alle - sowohl die Verwaltung als auch alle im Gremium vertretenen Parteien und Vereinigung - unsere verfügbaren Kanäle zu Verantwortlichen in Entscheidungspositionen nutzen, um für Neuhausens Lebensqualität einzutreten. Dieses Thema kann übrigens nicht bis zu den Haushaltsberatungen warten, sondern muss jetzt angegangen werden. Außerdem stellt es eine hervorragende Gelegenheit dar, um den interkommunalen Austausch zu intensivieren - sowohl auf Ebene der Rathausspitzen als auch auf Ebene der Gemeinderäte.

10. Ziel: Aktiv gegen Fluglärm
• Zeitnahe Information aller Neuhäuserinnen und Neuhäuser über die Planungen
• Koordination der Kommunikation zwischen verschiedenen Anspruchsgruppen im Ort und außerhalb des Orts
• Kooperation mit den Nachbarkommunen

Zum Schluss bin ich Ihnen noch die Antwort nach meinem persönlichen Lichtblick der letzten zwölf Monate schuldig. Tatsächlich ist mein Highlight in der letzten Sitzung vor der Sommerpause zu finden: die Handreichung von Ihnen, Herr Bürgermeister Hacker, und Herrn Ulrich Krieger ist aus meiner Sicht ein wirklicher Lichtblick.

Ein herzliches Dankeschön gilt ganz besonders allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung für ihre Leidensfähigkeit und Professionalität in den vergangenen Monaten. Dieser Beitrag war essenziell, um weiterhin Sachthemen für unseren Ort vorantreiben zu können. Ich hoffe, dass die Auseinandersetzungen zwischen unserer Rathausspitze und Teilen des Gremiums damit hinter uns liegen. Für die anstehenden Haushaltsberatungen wünsche ich uns viel Erfolg und, dass es allen gelingt, den Blick nach vorne zu richten.

Dominik Morár
(Fraktionsvorsitzender)

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